Die BMW Group wird ihr Engagement in der Formel 1 nach Ablauf der Saison 2009 nicht fortführen. Die frei werdenden Ressourcen sollen in die Entwicklung neuer Antriebstechnologien sowie Projekte im Bereich Nachhaltigkeit fließen. BMW wird weiterhin in anderen Serien aktiv im Motorsport präsent sein. Die Grundsatzentscheidung über die Neustrukturierung des BMW Motorsport Engagements wurde gestern in der Sitzung des Vorstands getroffen.
„Natürlich ist uns diese Entscheidung schwer gefallen. Aber dies ist ein konsequenter Schritt vor dem Hintergrund der strategischen Neuausrichtung unseres Unternehmens“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der BMW AG, Dr. Norbert Reithofer. „Premium wird immer stärker auch über Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit definiert. Wir wollen hier eine Vorbildrolle einnehmen. Im Rahmen unserer Strategie Number ONE stellen wir deshalb alle Projekte unter den Aspekten Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit auf den Prüfstand. Unser Engagement in der Formel 1 entspricht dabei nicht mehr unserer Hauptzielrichtung. Seit 1999 verantwortet Mario Theissen unser Motorsport-Engagement. In dieser Zeit haben wir viele große Erfolge erzielt, auch in der Formel 1. Dafür möchte ich Mario Theissen und seinem Team herzlich danken“, so Reithofer.
Entwicklungsvorstand Dr. Klaus Draeger sagte: „Wir haben uns mit dem BMW Sauber F1 Team bereits im dritten Jahr als Top-Team etabliert. In der aktuellen Saison können wir die Erwartungen leider nicht erfüllen. Dennoch waren zehn Jahre Formel-1-Erfahrung prägend für unsere Entwicklungsingenieure. Dem Rennsport haben wir nicht nur zahlreiche technische Innovationen zu verdanken, sondern auch den Wettbewerbsgeist, der uns in der Entwicklung von Serienfahrzeugen vorantreibt.“ In welchem Umfang es zu einem Stellenabbau in München oder Hinwil kommt, steht derzeit noch nicht fest. Draeger: „Da wir diese Entscheidung erst gestern getroffen haben, können wir noch nichts Genaueres mitteilen. Wir werden verschiedene Szenarien erarbeiten und bewerten und uns bemühen, für die Mitarbeiter am Standort Hinwil und die in das Formel-1-Projekt eingebundenen Beschäftigten in München Lösungen zu finden. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und werden die Mitarbeiter informieren, sobald wir Klarheit haben.“
BMW Motorsport Direktor Dr. Mario Theissen: „Natürlich hätten wir alle, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Hinwil wie in München, dieses ambitionierte Projekt gerne weiter geführt und gezeigt, dass die aktuelle Saison nach drei erfolgreichen Jahren ein Ausrutscher war. Aber aus Sicht des Unternehmens kann ich diese Entscheidung nachvollziehen. Wir werden uns nun voll auf die verbleibenden Rennen konzentrieren und uns mit Kampfgeist und einem guten Ergebnis aus der Formel 1 verabschieden.“
BMW wird auch in Zukunft in vielen Serien im Motorsport vertreten sein: 2010 wird BMW im Tourenwagensport und in der Nachwuchsförderung mit der Formel BMW starten. Hinzu kommen BMW Engagements in der American Le Mans Series ALMS, bei Langstreckenrennen und im seriennahen Kundensport. Darüber hinaus werden auch die Aktivitäten bei BMW Motorrad Motorsport weiter geführt, allen voran die Superbike-Weltmeisterschaft.
BMW kann bisher auf eine lange Erfolgsgeschichte im Motorsport verweisen:
Mit Brabham erzielte BMW in den Jahren 1982 bis 1985 acht Siege in der Formel 1. 1983 gelang der Gewinn der Fahrer-WM durch Nelson Piquet (Brabham BMW). 1986 folgte mit Benetton der letzte Sieg mit dem legendären Turbo-Triebwerk. In der Zeit mit Williams (2000-2005) wurden zehn Siege erzielt. Vor der Zeit mit dem BMW Sauber F1 Team hatte BMW insgesamt 19 Grand-Prix-Siege und 33 Polepositions erreicht.
In der Debütsaison 2006 belegte das neu formierte BMW Sauber F1 Team den fünften Platz in der WM-Wertung der Konstrukteure. 2007 errang die deutsch-schweizerische Mannschaft nach dem Ausschluss von McLaren-Mercedes Platz Zwei. In der Saison 2008 kämpfte das Team bis zum Saisonende um den WM-Titel und belegte letztlich Rang Drei. In Kanada holte der Pole Robert Kubica am 8. Juni 2008 den ersten und bislang einzigen GP-Sieg. Insgesamt verbuchte das BMW Sauber F1 Team bis heute eine Poleposition (Kubica 2008 in Bahrain) sowie 16 Podiumsplatzierungen. In der laufenden Saison belegt das BMW Sauber F1 Team den achten Platz in der Herstellerwertung.
Rede von Dr. Klaus Draeger, Mitglied des Vorstands der BMW AG, Entwicklung, anlässlich der Pressekonferenz zur Neuausrichtung des Motorsport-Engagements der BMW AG
Meine Damen und Herren,
BMW und der Motorsport – das sind zwei Dinge, die eine lange Tradition haben und einfach zusammengehören. Mit Motorrädern, Tourenwagen und Sportwagen, bei Rallyes, in der Formel 1 und der Formel 2 – überall sammelte BMW rund um den Globus Erfolge.
Dabei haben wir die Talentförderung stets groß geschrieben. 1991 startete im Formelsport eine gemeinsame Talentförderung von BMW und ADAC. Formel-1-Piloten wie Sebastian Vettel, Nico Rosberg, Timo Glock, Adrian Sutil, Ralf Schumacher oder Christian Klien lernten dort das Formel-ABC.
BMW ist die mit Abstand erfolgreichste Marke beim 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife.
1980 gab BMW das erste Engagement des Unternehmens als Motorenlieferant in der Formel 1 bekannt. Bis 1986 dauerte diese Partnerschaft.
Ab der Saison 2000 ging BMW dann zusammen mit WilliamsF1 an den Start. Damals war Gerhard Berger BMW Motorsport Direktor.
Mario Theissen wurde wenig später an seine Seite berufen. Mit dem BMW WilliamsF1 Team haben wir 10 Siege errungen.
Mitte 2005 übernahm BMW das Schweizer Team Sauber und ging ab 2006 in Eigenregie an den Start.
Das neue BMW Sauber F1 Team unter Leitung von BMW Motorsport Direktor Mario Theissen etablierte sich 2008 als eines der drei Top Teams. Zudem gelang Robert Kubica in Montreal der erste Sieg.
Das sind nur einige Beispiele aus der Motorsport Historie von BMW. Sie verdeutlicht, dass uns die Entscheidung über einen Ausstieg aus der Formel 1 alles andere als leicht gefallen ist.
Die Formel 1 war für BMW stets die ideale Plattform, um wichtige Markenwerte zu demonstrieren. Das haben wir jahrelang betrieben und, was den Technologie-Transfer von der Formel 1 in die Serie angeht, so konsequent umgesetzt wie kein anderer Hersteller. Die jüngsten Erkenntnisse, die von der Formel 1 in die Serie wandern, wird das Knowhow zu KERS sein.
Doch im Zuge der geplanten Kostenreduzierung nehmen Standardisierung und Homologation von Komponenten zu. Die Kreativität der Ingenieure wird dadurch eingeschränkt. Das entspricht nicht unbedingt unseren Idealvorstellungen. In einer Zeit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen müssen wir handlungsfähig und flexibel bleiben. Dieser Tatsache haben wir nun Rechnung getragen.
Zehn Jahre Formel-1-Erfahrung waren prägend für unsere Entwicklungsingenieure. Dem Rennsport haben wir zahlreiche technische Innovationen zu verdanken, die heute in unseren Serienfahrzeugen sind.
Ausschlaggebend für diese Grundsatzentscheidung waren nicht die aktuelle Performance in der Formel 1 und nicht die allgemeine wirtschaftliche Situation, sondern allein die strategische Neuausrichtung des Unternehmens.
Die Entscheidung über den Ausstieg aus der Formel 1 hat natürlich auch Auswirkungen auf die Mitarbeiter. Da wir diese Entscheidung erst gestern getroffen haben, bitte ich um Verständnis, dass ich Ihnen dazu noch nichts Genaueres sagen kann.
Wir werden verschiedene Szenarien erarbeiten, bewerten und uns bemühen für die Mitarbeiter am Standort Hinwil und die ins Formel-1-Projekt eingebundenen Beschäftigten in München und Landshut Lösungen zu finden. Entscheidend ist: Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und werden die Mitarbeiter informieren, sobald wir Klarheit haben.
Im Jahre 2010 werden wir auch weiterhin im Tourenwagensport und in der Formel BMW starten. Hinzu kommen unsere Engagements in der ALMS, bei Langstrecken-Rennen und verstärkt im seriennahen Kundensport.
Alle diese Aktivitäten werden auch in Zukunft von Mario Theissen verantwortet werden.
Unserem Motorsport Direktor Mario Theissen möchte auch ich persönlich meinen Dank für sein Engagement und die erzielten Erfolge aussprechen.
Außerdem engagieren wir uns natürlich weiterhin im internationalen Motorradrennsport mit dem Schwerpunkt Superbike-WM.
Ich möchte bekräftigen, was Herr Reithofer gerade gesagt hat:
Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Als verantwortungsvoller Premiumhersteller wollen wir uns dieses Themas noch umfassender als bisher annehmen.
Für unsere Produkte bedeutet das:
Sie werden über alle Entwicklungsstufen hinweg unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit entwickelt und gebaut werden. Technologische Innovationen werden noch stärker vorangetrieben, um unsere Fahrzeuge immer effizienter zu machen.
Ein Ergebnis im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung werden Sie in wenigen Wochen als Konzeptfahrzeug auf der IAA in Frankfurt sehen. Der BMW Vision EfficentDynamics wird zeigen, wie effizient ein Sportwagen fahren kann. Er wird zugleich zeigen, dass Nachhaltigkeit nicht nur den Antrieb betrifft, sondern auch das Design und die verwendeten Materialien.
Wer dieses Konzeptfahrzeug genauer unter die Lupe nimmt, wird verstehen, in welche Richtung wir unsere Technologie entwickeln. Und es wird klar, dass wir für solche Entwicklungen mehr personelle und finanzielle Mittel einsetzen müssen.
Meine Damen und Herren,
BMW war immer im Motorsport engagiert und das wird auch so bleiben. Die große Tradition im Tourenwagensport und der Formel BMW werden wir langfristig fortsetzen. Wir werden eintreten für Rahmenbedingungen, die den Motorsport als Speerspitze von Innovationen etablieren, die künftige Serienfahrzeuge befruchten. Neue Antriebskonzepte sind hier nur ein Beispiel. BMW wird auch in Zukunft die Freude am Fahren auf der Rennstrecke demonstrieren.
Vielen Dank.